2012_Verschollenes Wort - angela-flam.net

das Verschollene wort aus dem Kürnberger Wald frei nach
dem Falkenlied des Kürenbergers oder "Kriemhilds Falkentraum"


Verschollenes Wort


10. bis 17. Mai 2012
Plattling Stadtplatz, DE


Im Rahmen des Kunstsymposium Plattling 2012 "Der unbekannte Dichter des Nibelungenliedes" fertigt Robert Hübner, Leitung der Abteilung Werkerziehung, eine Boden-Skulptur "Verschollenes Wort" aus Beton für die Stadt Plattling.


Aus Fundstücken aus Aluminium werden längliche Formen in eine Beton-Bodenplastik eingelegt. Die Grundform der Betonplatte ist eine hochformatige Raute, die Formen aus Vollaluminium erscheinen wie freigelegte mystische Runen oder Noten eines Liedes. Gleichzeitig ergibt sich aus der Form ein abstrahiertes Symbol eines Fingerabdrucks, das Zeichen der Urheberschaft schlechthin...


Material/ Herstellung:
Größe: etwa 2,5 X 1,5 m
Oberflächenbündig in ein Stück Rasen eingelassen (auf Kiesbeet gelegt), durch Metallbänder (Rasenkante) eingegrenzt; Hergestellt in einer flachen Schaltafel-form, inklusive Armierungseisen;
Die Aluminium-Teile liegen leicht erhaben auf einer Estrich-Armierung und werden dann oberflächenbündig mit geeignetem Beton ausgegossen. Die Bodenplastik ist begehbar und witterungsbeständig, sowie wartungsfreundlich.


Mit eingegossen werden Aluminiumplatten, in die kurze lyrische Texte „Lieder" eingraviert sind, welche von zeitgenössischen Lyrikerinnen extra und exklusiv für dieses Konzept geschrieben worden sind. Die eingeladenen Lyrikerinnen sind ansässig im betreffenden Gebiet aus dem (vermutlich) auch das Nibelungenlied stammt (Donauraum um Kürnbergerwald, Linz, Plattling, etc...); am Tag der Präsentation des Werkes werden diese Lieder einmalig vorgetragen, um dann unter der „Scholle" auf längere Zeit (vielleicht für immer) zu verschallen.


Mitwirkende SchriftstellerInnen:
Hans Obermeier (DE), Harald Grimm (DE), Peter Wenzel (AT), Judith Fischer (AT), Angela Flam (AT), Joschi Anzinger (AT)


Kontext:
Das Werk beschreibt in seiner Grundform eine „Scholle", aber knüpft auch in seiner Rautenform symbolisch an ein altes keltisches Piktogramm an, das das weibliche Prinzip allgemein verkörpert.
Damit soll das Werk mehrer Assoziationen mitliefern:
1. eine kritisch-ironische Assoziation an die „Scholle", ein Begriff, der ausschließlich im deutschen Sprachraum existiert und von den Nationalsozialisten für Blut- und Boden-Ideologie benutzt und dazu sprachlich und ideologisch verklärt wurde. Das ist ja leider auch dem Nibelungenlied, u.a. Kulturschätzen passiert.
2. eine genealogische Assoziation, die an die Theorie einer weiblichen Verfasserin anknüpft (welche aus dem Nonnenkloster Passau-Niedernburg stammen soll)
3. eine inszenatorische Assoziation zu den vielen „Liedern", die geschrieben worden sind, und auch heute geschrieben werden, und niemals gefunden werden, niemals an ein Publikum herankommen und -durch welche Umstände auch immer- verschollen bleiben, Dichter(innen), die unbekannt bleiben, unbekannte Dichterinnen. Hier wird so ein Szenario inszeniert: Wir lassen lyrische Kunstwerke auf immer unter einer Scholle verschwinden.
4. Das Mitschwingen einer Assoziation an den Fingerabdruck als das Zeichen für Individualität und Urheberschaft schlechthin soll weiteren Kontext mittragen. Ein Fingerabdruck ohne dazugehöriger Person ist nicht nur ein bloßes Zeichen von „Ich war hier", es ist der Nachweis menschlicher (und schöpferischer) Einzigartigkeit, auch ohne Namen und Daten. Man denke dabei an archäologische Funde von Fußspuren unserer steinzeitlichen Vorfahren.